Middalsbu-Helevasbu-Lithlos

Im Juli 2016 brachen wir zu unserem ersten großen Trekkingabenteuer auf. Wir wollten gemeinsam mit unserem damals 6-jährigen Sohn eine Tour in die Hardanger Vidda machen.
Die Hardanger Vidda liegt in Mittelnorwegen und ist ein großes Hochplateaufjell und die größte Hochebene Europas auf ca 1200 m und 1400 m. Das gesamte Plateau liegt oberhalb der Baumgrenze und ist eigentlich nie ganz schneefrei.
Wir entschieden uns für eine 3 Tagestour von Middalsbu über Hellevasbu nach Litlos und wieder zurück. Geplant hatten wir 5 Tage, da der Anreisetag schon ein halber Tag war und wir uns auch aus Rücksicht auf unseren Sohn mehr Zeit lassen wollten. Gebraucht haben wir letztendlich aber doch nur 3 Nächte.

Los geht es am frühen Nachmittag.

Von Middalsbu zum Glupen

Tag 1 – Übernachtung auf dem Glupen

In Middalsbu parkten wir an einem einsamen Hof, an dem schon eine Menge anderer Autos standen. Es schien doch ein beliebter Einstieg in die Vidda zu sein. Also schulterten wir unsere Rucksäcke und begannen den Aufstieg auf das Plateau. Auf dem bis dahin noch geschotterten Weg begegneten wir einem Pferd, von welchem wir uns noch verabschiedeten. Dann ging es erst einmal immer hoch. Der breite Weg war sehr ermüdend. Aber es war noch schönes Wetter und wir kamen ganz schön ins Schwitzen. An der Middalsbu Hütte teilte sich dann der Weg und wurde zum Trampelpfad.
Allmählich verließen wir die Vegetationszone und ziehen über schmale kaum erkennbare Wege über die Baumgrenze. Dann kamen wir an den ersten etwas größeren Bach. Das rote „T“ leuchtete uns verlockend von der gegenüberliegenden Seite an. Leider war an dieser Stelle an eine Überquerung nicht zu denken. Der Bach war tief und hatte eine starke Strömung. Ich erkundete daraufhin weiter flussabwärts über kleinere Rentierpfade das Gelände. Währenddessen machten Georg und Guido erst einmal eine Pause. Nach einem halben Kilometer etwa fand ich eine geeignete Stelle. Wir waren hier auch nicht die Ersten wie es schien, denn ein paar stabile Äste am Ufer liegend kündeten davon, dass auch andere diesen Weg genommen haben. Also lief ich zurück, um Guido und Georg zu holen.
Angekommen an „meiner“ Furt überlegten wir erst einmal wie wir vorgehen sollten. Ich hatte für Georg ein paar Crocs mit. Aber nach kurzem Wasserkontakt meldete Georg, dass er hier unmöglich durch könne. Das Wasser war sehr kalt und würde ihm auch bis zum Po reichen, also schied diese Variante aus. Also musste Guido erst ihn und dann seinen eigenen Rucksack hinübertragen. Ich würde Georgs Rucksack nehmen. Wir beschlossen dann lieber unsere Hosen ganz auszuziehen, da das Wasser durch die Strömung an unseren Beinen höher steigen würde. Guido war froh über die herumliegenden Stecken. Ich hatte ja meinen, von ihm erst belächelten, Wanderstock. Aber so hatte man einfach auf den glitschigen Steinen einen besseren Halt. Nur langsam konnten wir unsere Schritte setzen, um festen Untergrund zu ertasten und mit dem Rucksack noch das Gleichgewicht zu halten. Barfuß war das Ganze echt eine Herausforderung. Aber um Gewicht zu sparen hatten wir auf wassertaugliche Schuhe verzichtet. Das rächte sich jetzt.
Am anderen Ufer angekommen, ließ ich mich ins Gras fallen und schrie einmal laut. Der Schmerz in den Füßen trieb mir die Tränen in die Augen. Die Kälte des Wassers sorgte für arge Krämpfe. Ich bedauerte Guido, dass er diese Tortur noch einmal machen musste und hätte um keinen Preis der Welt in diesem Moment tauschen wollen.
Aber Guido litt nicht ganz so sehr unter Krämpfen, wobei es auch für ihn eine Herausforderung war. Kaum hatten wir uns wieder angezogen und uns wieder warm gewandert, als der nächste Flusslauf kam. Auch hier wieder weit und breit keine Brücke. Also zogen wir uns noch einmal aus und das gleiche Spiel von vorn. Wir hatten wohlweislich einen der Stecken mitgenommen und trennten uns auch erst am Ende der Tour von ihm. Als dann der dritte Fluss in Sicht kam, waren wir schon gleichmütig und für mich war spätestens da klar, dass ein Rückweg ausgeschlossen war. Ich mochte mir da noch nicht ausmalen, was uns noch erwarteten könnte.

Vor uns erhob sich bald der Gipfel des Passes auf ca 1300 m. Ich war mir nicht sicher, ob es eine gute Idee war, diesen heute noch schaffen zu wollen, aber Guido trieb uns an. Schon kamen wir an ein weitläufiges Geröllfeld, welches wir überqueren mussten. Die Platten waren zum Teil sehr groß, also war es eine Kletterpartie und Georg zeigte sein Talent als Wegesucher. Nur das rote „T“, welches von Zeit zu Zeit auf die Felsen gepinselt war, zeigte uns die Richtung. Hier jetzt zu lagern wäre undenkbar, also hieß es weitergehen. Der Gipfel erschien auch schon nah, sodass ich den Gedanken, Guido zum Nachtlager zu überreden, aufgab. Jetzt gab es auch kein Zurück mehr. Georg fand unterwegs immer wieder schöne Steine, welche schon seine ganzen Taschen füllten und nun auch in unseren Rucksäcken untergebracht werden sollten. Ich redete mit Engelszungen, das wir keinen einzigen Stein mehr tragen könnten, die Rucksäcke waren schwer genug. Aber die Steine zurückzulassen fiel ihm unglaublich schwer.
Als wir dann endlich den Gipfel erreichten, bot sich uns ein deprimierender Anblick von weiten im Nebel liegenden Schneefeldern zwischen schroffen Felsen und einem großen zugefrorenen See. Hier ein Nachtlager aufzuschlagen war wenig verlockend. Weiterzugehen aber auch keine Option, da es nicht abzusehen war, wann es besser werden würde und wir auch am Ende unserer Kräfte waren. Zurück kam genauso wenig in Frage. Da wartete nur ein großes Geröllfeld. Zu allem Übel fing es nun auch noch an zu regnen und der Wind pfiff uns ordentlich um die Ohren. Es half nichts, wir mussten uns hier einen Platz für das Zelt suchen. Es gelang uns einen schneefreien Platz, geschützt von einem großen Felsen und voller kleiner Tauwasserpfützen zu finden. Schnell machten wir uns mit klammen Fingern daran das Zelt aufzubauen. Es wurde schon langsam dämmrig und wir zogen uns in unser Zelt zurück. Hier war es windgeschützt und wir kuschelten uns in unsere Schlafsäcke. Ein kleines Abendessen von Nüssen und Reiswaffeln mit Erdnussbutter musste reichen. Wir konnten lange nicht einschlafen. Der Wind rüttelte ordentlich an unserem Zelt und ich befürchtete, dass das Wetter sich noch weiter verschlechterte. Ängstlich lauschte ich auf die Windböen. So kam ich erst zur Ruhe, als ich mir entschlossen Ohropax in die Ohren stopfte. Nun spürte ich aber die Kälte durch meine Isomatte, welche für diese Temperaturen nun doch nicht gedacht war. In Georgs Rucksack hatte ich eine Pappe gesteckt um den Rücken etwas zu stabilisieren. Diese legte ich mir nun unter meine Hüfte und fiel dann doch noch in einen unruhigen Schlaf.

 

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Vom Glupen über Hellevasbu zum See Sigridtjørni

Tag 2 – Im Winter angekommen!

Am nächsten Morgen erwachten wir sehr früh und freuten uns erst einmal über das fehlende Geräusch des Sturmes. Die Pfützen in unserer Apside sind allerdings merklich tiefer geworden und ich bewunderte unser Zelt, welches unter diesen Bedingungen immer noch von innen verhältnismäßig trocken war, obwohl wir eigentlich fast komplett im Wasser standen. Der Blick hinaus ernüchterte uns vollständig. Alles war in nebligen Dunst gehüllt und das Weiß der Schneefelder ging über in Nebelschwaden. Also machten wir uns ans Zusammenpacken. Es war kalt und auch das Frühstück fiel sehr spartanisch aus. Jetzt hieß es durch den Schnee zu wandern. Das Laufen fiel ganz besonders Georg schwer, da der Schnee an der Oberfläche breiig war und man auch schnell ausrutschte. So wanderten wir die erste Stunde und langsam wurde es wieder steiniger aber auch nebliger. An einem Schneefeld kam dann der Punkt, an dem wir die nächste Wegmarke im Nebel nicht mehr erkennen konnten. Guido ging nun bis auf Sicht vor und Georg und ich warteten am Rand, um unsere Orientierung nicht zu verlieren. Kaum konnten wir Guido noch sehen, dann kam sein Ruf, dass er glaubte, eine neue Wegmarke entdeckt zu haben. Der Weg erwies sich dann auch als der Richtige und nun ging es auch stetig wieder abwärts in niedrigere Gefilde. Auch die Schneefelder wurden immer öfter von felsigen Passagen abgelöst. Der Schnee wurde weniger, aber das Wetter blieb den ganzen Vormittag feucht und es nieselte. Erst am frühen Nachmittag wurde es etwas heller. Die Gegend begann nun mit abnehmenden Höhenmetern auch wieder grüner zu werden.

Am Nachmittag kam immer mal für kurze 5 min der blaue Himmel durch und gewährte uns für kurze Zeit eine Pause vom Regen. In so einem Moment wies ich an, diese Zeit zum Waschen zu nutzen, denn die Körperpflege kam bisher aufgrund der kalten Temperaturen sehr kurz. Doch kaum hatten wir uns wieder angezogen, kamen auch schon die nächsten Wolken. Endlich kam die Hellevasbu in Sicht. Ein Bach musste hier noch einmal gequert werden und nötigte uns wieder, die Schuhe und Hosen auszuziehen. Aber dieses Mal war er recht schmal, so dass es uns nicht so schwer fiel. Man merkte, dass hier der Weg auf die vielbegangene Nord-Südquerung stieß. Denn nun begegneten uns immer öfter andere Wanderer.
Ab hier wurden die Wege breiter. Es folgte dann ein größerer Anstieg, durch schönes Grasland und dann wieder,  entlang eines kleineren Schneefeldes, ging es wieder abwärts ins Tal. Nachdem wir dann die ersten Wanderer überholten, welche an einem schönen See ihr Lager aufschlugen, begannen auch wir nach einer
guten Stelle Ausschau zu halten. Ein kleinerer flacher Bach war dann nochmals zu furten. Hier war aber das Ausziehen der Hosen unnötig. In einer schönen Senke unweit einer schroffen Felswand am Ufer des Sees wurden wir dann auch fündig. Vor uns stieg der Weg wieder an und so bauten wir unser Zelt auf. Heute machte es mir sogar Spaß ein kleines Feuer zu entfachen und Griesbrei zu kochen, welcher von Georg auch mit großem Appetit gegessen wurde.

vom Sigridtjørni durchs Belebotnen (kleine Abkürzung) am Drykkestein vorbei zum See Holmavatnet

Tag 3 –  Und wieder Regen!

Am nächsten Morgen war das Wetter wieder trüber und Guido schlug vor, das nasse Zelt alleine einzupacken, damit ich mit Georg schon den Aufstieg in Angriff nehmen konnte. Er holte uns dann auch bald noch vor dem Gipfel wieder ein. Als wir diesen dann erreichten, öffnete sich vor uns ein weites Tal mit einem großen See. Auch an diesem Ufer des Sees konnten wir einige Zelte sehen. Das waren wohl Langschläfer, welche sich aufgrund des Wetters noch nicht aus den Federn getraut hatten. Wir waren schon seit sieben Uhr auf den Beinen, da Georg immer zu dieser frühen Stunde ausgeschlafen hatte.
Schon war zu sehen, dass der Zulauf des Flusses unseren Weg kreuzte, und wir bereiteten uns seelisch und moralisch auf eine weitere Furtung vor. Unten angekommen, wurde der Weg dann recht feucht und führte durch sumpfiges Gebiet.
Der Fluss erwies sich als tief und hatte eine ordentliche Strömung. Aber hier fanden wir nun endlich eine Brücke. Ein Glück. Aber auch diese war eine kleine Herausforderung, so ohne Geländer über durchaus beängstigender Strömung, welche auf jeden Fall für Georg zur Lebensgefahr werden konnten. So lies ich ihn auch nur auf allen vieren hinüberklettern, da Handläufe oder Ähnliches fehlten und auch die Zwischenräume der einzelnen Bohlen beträchtlich waren und so leicht zur Stolperfalle werden könnten.
Der Regen wurde im Laufe des Tages nicht mehr besser und lief uns in die Jackenärmel. Die Stimmung war nicht mehr so gut und Georg musste immer wieder motiviert werden. Ich versuchte ihn abzulenken, indem ich ihn lange Geschichten erzählen lies und ermunterte ihn, uns mit Beatboxen einen Lauftakt vorzugeben. Ab und an trafen wir auch andere Wanderer, welche ihn lobten. So schritt er immer, wenn uns jemand entgegen kam, kräftig aus und legte an Tempo zu. Leider begegnete uns zu selten jemand. Immer häufiger brauchte Georg kurze Pausen um zu essen oder sich die Hose hochziehen zu lassen, welche ihm auch noch rutschte. Also beschlossen wir eine größere Rast. Da es aber immer noch von oben nieselte, bauten wir unser Zelt auf und verkrochen uns darin. Unsere Schuhe waren durch die vielen Bächlein und Pfützen auf dem Weg schon seit gestern durchnässt und Georg und ich freuten uns auf eine Stunde trockener Füße. Guido hatte richtige Bergstiefel. Seine Füße waren noch trocken. Während Georg und Guido es sich drinnen gemütlich machten , versuchte ich noch eine kleine Mahlzeit und einen Tee zu kochen. Dann endlich konnte ich auch aus meinen Schuhen.
Dann führte uns der Weg wieder an einem etwas größeren Fluss entlang und wir wanderten ihn flussaufwärts entlang, denn er war sehr breit und tief.
An einer Stelle, kurz bevor ein anderer Fluss in ihn mündete, versperrte uns ein großes Schneefeld den Weg. Am unteren Rand waren alte Fußspuren und Guido, welcher uns schon voraus war, forderte uns auf, ihm zu folgen. Da dieses Schneefeld aber vom Fluss unterspült schien und auch sehr abschüssig war, befürchtete ich, dass ich hier mit Georg an der Hand ausrutschen und in den Fluss rutschen könnte. Ich weigerte mich, auf diesem Weg zu folgen und nahm mit Georg lieber einen sicheren Umweg in Kauf und lief drum herum. Den vor uns liegenden Fluss mussten wir dann allerdings auf einer Schneebrücke überqueren. Hier schien aber der Untergrund fester zu sein und es war auch eben. Aber dann hieß es, den anderen Fluss wieder furten. Aber wir hatten ja mittlerweile genug Übung. Der Weg führte uns dann wieder an schönen Seen vorbei. An einem fand ich einen Beutel voll mit den schönsten Fischen, leider schon am verwesen. Den hatte hier wohl jemand verloren. Es tat mir leid, wenn ich daran dachte, wie dieser sich geärgert haben muss, als er den Verlust bemerkte.
So gelangten wir dann an einen Abzweig, der nach Litlos führte. Den ganzen Tag über begleitete uns ein steter Nieselregen, der uns nur kurze Pausen gönnte. Kurz überlegten wir dort einzukehren, aber der erneute Anstieg und weitere Weg hielten uns davon ab den Abstecher zur Hütte zu nehmen und so folgten wir weiter dem Weg, welcher wieder nach Middelsbu führte. Wir kamen an einer kleinen Hütte an einem großen Stein (Drykkestein) vorbei. Leider war sie verschlossen und diente wahrscheinlich Jägern als Schutzhütte.
Auf einer grasigen Ebene beschlossen wir am Nachmittag dann Schluss zu machen. Vor uns der nächste Fluss zum Furten. Wir wollten dies am nächsten Morgen mit neuer Kraft angehen. Beim Auspacken unserer Sachen stellte Guido dann fest, dass seine Sachen und vor allem sein Schlafsack vollkommen durchnässt waren. Das Rucksackcape hatte leider den Rucksack an Guidos Rücken nicht mit geschützt. Ich hatte es da besser, denn ich hatte einfach über meinen Rucksack eine große Mülltüte gestülpt und die Gurte durch Löcher gefädelt. So bekam Guido meinen Sommerschlafsack, mit dem ich meinen eigenen Schlafsack, als gestandene Frostbeule pimpte. Aber auch alle Regensachen und Jacken waren schwer von Nässe und tropften vor sich hin, so dass wir versuchten diese Sachen in der Apside aufzuhängen. Kaum ausgezogen und wieder warm geworden, musste Georg auf die Toilette.
Draußen regnete es Bindfäden. Das hieß dann, wieder rein in die nassen Sachen und wieder hinaus. Zum Schlafen behielt ich dieses Mal die nassen Socken an, um sie während der Nacht am Körper zu trocknen. Ein trockenes Paar war leider auch nicht mehr vorhanden. Der Geruch von getragenen Socken füllte meinen Schlafsack. Auch Georgs Socken steckte ich mir wieder in den Hosenbund. Dies machte ich schon, seit sein erstes Paar durchnässt war, damit er am nächsten Morgen mit halbwegs trockenen Füssen starten konnte. Dies reichte allerdings kaum aus.

Zurück nach Middalsbu

Tag 4 – Land in Sicht!

Am nächsten Morgen empfing uns das Wetter weiter mit Nieselregen. Guidos und meine Stimmung war auf dem Nullpunkt. Dann aber wachte Georg auf und strahlte uns an. “Wann gehen wir weiter?” fragte er als erstes. So freuten wir uns, dass er noch immer Lust hatte und seine gute Laune war ansteckend. So konnten wir unsere Morgenüberraschung auch lachend mit Humor annehmen. Guido fand nämlich, seine bis dahin noch trockenen Schuhe, halb mit Regenwasser gefüllt vor. Ein Hering der Apside hatte sich nachts gelöst und so konnten sich seine Schuhe mit am Zelt ablaufenden Wasser gut füllen. Naja geteiltes Leid ist halbes Leid, jetzt hatten wir alle nasse Füße.

Ich beschloss, Georg heute mit seinen Schlafsocken laufen zu lassen. Diese waren allerdings nicht aus Wolle, aber sie waren wenigstens trocken. Die anderen waren durch meine Körperwärme zwar trockener, aber noch immer feucht. Also zogen wir wieder unsere nassen Sachen an um das Zelt abzubauen, um uns dann aber wieder Schuhe und Hosen auszuziehen und die Überquerung des Flusses zu wagen. Das Frühstück wollten wir später machen, so dass nur Georg eine Handvoll Nüsse bekam.

Ich denke, dass wir durch den vielen Regen viel Wasser in den Bächen und Flüssen hatten, sodass unter anderen Wetterverhältnissen uns sicher manche Furt erspart geblieben wäre. Aber es ist wie es ist.
Der Fluss konnte nur direkt an der Mündung durchquert werden, denn hier war er flacher, dafür aber breit. Weiter ging es dann entlang eines Sees auf dem Eisschollen trieben.

Das Wetter und dieser Anblick luden nicht unbedingt zum Baden und auch nicht zum Rasten ein. Der Regen hörte irgendwie auch nicht wirklich auf,  nur die Intensität wechselte. Das Ufer wurde gesäumt von Schneefeldern.
Georg konnte irgendwann nicht mehr und fing an zu weinen. Seine Füße waren eiskalt und immer wieder fiel er auf dem matschigen Schnee hin. Es ging einfach nicht mehr weiter. Wir beschlossen, zwischen zwei großen Felsbrocken, kurz zu rasten. Hier war ein Stück felsiger Untergrund und die Felsen schützten uns ein wenig vor dem Regen und dem Wind. Zum Zelt aufbauen fehlte hier einfach ein geeigneter Platz. Ich machte mit Esbitwürfeln und unserem Kocher ein kleines Feuer um Wasser zu erhitzen. Davon bekam Georg erst einmal einen Chai Latte (unser Motivationsgetränk) und vom Rest des Wassers ein warmes Fußbad. Nebenbei aß er Würstchen, Nüsse und Erdnussbutter. Ich bereute, ihm nicht wieder die nassen Wollsocken angezogen zu haben. Auch wenn sie nass waren, wärmten sie doch. Das holte ich nun nach und so konnten wir gestärkt und wieder mit warmen Füßen unseren Weg fortsetzen. Unsere Motivation, heute noch unser Ziel zu erreichen, stieg. Auf noch eine nasse Nacht war keiner von uns scharf. Wir wollten runter vom Berg und träumten von schönem Essen, einer heißen Dusche und trockenen Sachen. 
Auf dem Weg dorthin fanden wir einen halbverwesten Rentierschädel, welcher gut unsere Stimmung wiederspiegelte. Auch hier ging es mal wieder durch sumpfiges Gebiet, welches zum Teil von Schnee bedeckt war. Einmal hielt die Schneedecke nicht, ich brach ein und mein Fuß versank bis zum Knie im Wasser. Da sowieso alles nass war, fiel das aber nicht weiter ins Gewicht.
Weiter ging es auf Schneefeldern und Geröllhängen am See entlang. Hier musste man wirklich aufpassen, dass man nicht den Halt verlor und ins Wasser fiel.
Auf der gegenüberliegenden Seite beobachteten wir einen Norweger, welcher die hier freilaufenden Schafe mit seinem Hund zusammentrieb. Er bewegte sich auf einen Schneefeld, welches einen nicht
unbeträchtlichen Überhang zum Wasser hatte und ich befürchtete die ganze Zeit, das er einbrechen könnte. Aber die Norweger waren ja hier zu Hause und wussten sicher viel besser als wir, wo ihnen Gefahr drohte.
Eine Brücke mussten wir an diesem Tag dann noch einmal überqueren und wir waren dankbar, dass es sie gab. Spätestens an diesem Fluss wäre eine Querung mit Kind unmöglich geworden. Undenkbar, hier umkehren zu müssen. Wir hatten genug.

Je tiefer wir nun kamen, desto mehr Bäume wuchsen wieder und mit dem zunehmenden Grün, stieg auch unsere Stimmung. Wir waren stolz, die Tour geschafft zu haben und ganz besonders stolz auf Georg, der, ohne groß zu quengeln, die ganzen Etappen wie ein Erwachsener mitgehalten hatte.

Wir fanden dann in der Zivilisation ein Zimmer auf einem Campingplatz. Das Zelt nochmal aufzubauen und wieder im Regen zu schlafen, fiel uns im Traum nicht ein. Das kleine Zimmer war warm und wir konnten heiß duschen. DER HIMMEL AUF ERDEN!

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